„Es ist noch niemand übrig geblieben“ - Interview aus unserem Gemeindezeit-Titelthema

„Es ist noch niemand übrig geblieben“ - Interview aus unserem Gemeindezeit-Titelthema

„Es ist noch niemand übrig geblieben“ - Interview aus unserem Gemeindezeit-Titelthema

# Neuigkeiten aus Emmaus

„Es ist noch niemand übrig geblieben“ - Interview aus unserem Gemeindezeit-Titelthema

Von Bettina Bennink. Zu unserem Titelthema habe ich mich mit dem Palliativmediziner Dr. Claudius Löns unterhalten. Palliativmediziner begleiten Patienten, die an einer unheilbaren, das Leben begrenzenden Erkrankung mit stark belastenden Symptomen leiden. Löns hat mir Bewegendes über das Leben mit dem Sterben erzählt.

Schon seit Kindertagen gehörte der Tod zum Leben von Claudius Löns: „Mein Vater ist an Krebs verstorben als ich acht Jahre alt war. Dadurch wurde ich nicht ängstlicher, sondern der Umgang mit Krankheit und Tod wurde eher selbstverständlicher für mich.  Ich erfahre keine tiefe seelische Verletzung, wenn ich Schwerstkranke betreue, deren Lebenszeit evtl. nur noch sehr kurz ist. Dieser Umstand kommt den Patienten zu Gute. Wir können viel selbstverständlicher auf Augenhöhe miteinander sprechen. Es gehört zu meinem Leben. Daher bin ich heute als Hausarzt auch und viel in der Palliativmedizin tätig.“

Angehörige Kinder werden oft aus der Begleitung des Sterbenden ausgeschlossen – aus falsch verstandenem Schutzbedürfnis. „Nie wieder erlebt ein Kind so viel Schutz im Zusammenhang mit Sterben, Tod und Trauer wie in der eigenen Familie. In Begleitung von Geschwistern, Eltern und Verwandten wird der Umgang mit einem Sterbenden machbar und wertvoll für die Zukunft. Auch können Kinder uns als Trauerende und den Sterbenden selbst eine  besondere Hilfe sein: sie leben die Welt in Sekunden weiter und zähmen so den Schrecken des Verlustes. Selbstverständlich darf nie ein Kind zu einer solchen Begleitung gezwungen sein“, meint Löns.

Mir drängt sich die Frage auf, ob er selber Angst vor dem Sterben hat. Er lächelt etwas verschmitzt, wohl weil er öfter danach gefragt wird. „Also sicher scheint, dass noch niemand auf dieser Erde übriggeblieben ist. Wenn der Tod uns doch alle in gleicher Weise betrifft, kann er doch gar nicht so schlimm sein. Mich beruhigt dies sehr; es hat sogar etwas Humoriges,“ antwortet Löns.   „Auch wenn wir die hiesige Realität verlassen, muss das nicht zwingend schlecht und grausam sein. Der Tod kann auch bedeuten, frei zu sein. Frei von Krankheit, von Atemnot, von Schmerzen, …. Diese Vision hat für mich auch immer etwas Tröstliches.“

In der Palliativmedizin geht es vor allem um das Jetzt. „ Wir befinden uns zwar in der Nähe des Todes, aber voll im Leben. Du darfst Visionen haben, du darfst träumen. Ich muss verstehen, wie du denkst, welche Sprache du sprichst, damit ich dir bestmögliche Hilfe anbieten kann. Während einer Begleitung kann vom Patienten unglaublich viel Energie freigesetzt werden. Das bedeutet oft innige und schöne Abschiede innerhalb und außerhalb der Familie. Eine Begleitung auch zum Schutz der Selbstbestimmtheit - bis ganz zum Schluss.“

Was ist, wenn man selbst, Angehörige oder Freunde betroffen sind? „Fragen, fragen, fragen – beim Hausarzt, den Hospizvereinen, beim Düsseldorfer Hospiz- und Palliativforum z.B. – und sich ein Netzwerk aufbauen“, rät er. „Das gibt Sicherheit und kann den Schauer und Schrecken nehmen. Dann geht die Zuversicht nicht verloren.“

Kontakt: Düsseldorfer Hospiz- und Palliativforum unter www.dhpf.de Palliativberatungstelefon Düsseldorf 0211 – 9 19 19 19

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