02/07/2024 0 Kommentare
Biblische Orientierung in mageren Zeiten: Die Speisung der 5000
Biblische Orientierung in mageren Zeiten: Die Speisung der 5000
# Neuigkeiten aus Emmaus
Biblische Orientierung in mageren Zeiten: Die Speisung der 5000
Von Peter Andersen. Ich persönlich erlebe nicht nur jetzt in dieser anstrengenden Zeit biblische Texte als tröstend. Mehr noch: Sie bringen mich nicht nur auf andere Gedanken – sie geben mir auch Orientierung.
Einer dieser Texte war eigentlich für den Familiengottesdienst am 15. März in der Matthäikirche bestimmt (der dann am Ende doch abgesagt werden musste): Es ist die Geschichte von der Speisung der 5000. Fiel die Wahl als Thema für den Familiengottesdienst schon Anfang des Jahres, als noch nicht im Ansatz an das Ausmaß einer Pandemie gedacht wurde, erlebte ich diesen Text dann in den Tagen vor dem 15. März als einen, der in unsere Zeit/in unsere Situation „hineinsprach“:
Für sich allein fuhren sie in einem Boot an einen einsamen Ort. Die Menge sah, dass sie wegfuhren, und viele erfuhren davon und liefen dort aus allen Städten zu Fuß zusammen und kamen ihnen zuvor. Als er ausstieg, sah Jesus eine große Menschenmenge, und das ging ihm nahe, denn sie waren wie Schafe, die keinen Hirten und keine Hirtin haben. Da begann er, sie vieles zu lehren. Als es schon spät war, traten seine Jüngerinnen und Jünger zu ihm und sagten: »Die Gegend ist einsam, und es ist schon spät. Schicke sie fort, damit sie zu den umliegenden Bauernhöfen und Dörfern gehen und sich etwas zu essen kaufen.« Aber Jesus antwortete ihnen: »Gebt ihr ihnen zu essen.« Da sagten sie zu ihm: »Sollen wir weggehen, für 200 Denare Brot kaufen und ihnen zu essen geben?« Da antwortete er ihnen: »Wie viele Brote habt ihr? Geht und seht nach!« Als sie es herausgefunden hatten, sagten sie: »Fünf Brote und zwei Fische haben wir.« Da befahl er ihnen, alle sollten sich niederlegen, in Tischgemeinschaften mitten auf der grünen Wiese. Sie lagerten sich in Gruppen zu 100 und zu 50. Da nahm Jesus die fünf Brote und die zwei Fische, schaute zum Himmel empor, sprach den Brotsegen, brach die Brote auseinander und gab sie seinen Jüngerinnen und Jüngern, damit sie austeilen sollten. Die zwei Fische teilte er unter ihnen allen auf. Alle aßen und wurden satt. Es blieb sogar noch etwas übrig: zwölf Körbe voller Brotstücke und einiges von den Fischen. Dabei betrug die Anzahl der Essenden 5 000 Leute.
(Markus 6, 30-44 / Übersetzung ist die „Bibel in gerechter Sprache“)
Auf dem ersten Blick geht es in dieser Erzählung von den 5 Broten und 2 Fischen um eine Wundergeschichte...die von den Kleinen bestaunt...und von den Großen belächelt werden kann.
5000 Menschen, die von einer handvoll Brote satt werden und noch weniger Fischen?Ist das nicht maßlos übertrieben? Das mag sein.
Doch es lohnt sich, in die Zeilen hineinzugucken, so dass am Ende alles sehr viel geerdeter daherkommt, als es zunächst vermuten lässt.
Daher möchte ich zwei Beobachtungen mit Ihnen/Euch teilen, die vielleicht den Blick auf diese wunderbare Geschichte verändern mag.
Die erste Beobachtung:
Als es auf der Erzählebene deutlich wird, dass es spät wurde und so viele Menschen Hunger hatten, gehen Jesus und seine Freunde damit unterschiedlich um. Die Freunde Jesu scheinen die Realisten zu sein. Sie schätzen die Lage sehr nüchtern ein – gucken, was an Geld da ist – berechnen wahrscheinlich auch, was sie eigentlich bräuchten und kommen zu dem Schluss, dass es keine Lösung gäbe: viel zu wenig Geld. Daher ihr Rat, alle nach Hause zu schicken.
Jesus sieht auch das Problem: Aber er ist ein anderer Realist. Er orientiert sich am wahrhaft Machbaren. Er fragt nach dem, was vorhanden ist – nach den Ressourcen. Denn - das ist der erste Clou dieser Erzählung - wo Menschen zusammen sind, gibt es immer etwas, was es ermöglicht einen Anfang zu machen. Anders: Beginnt man immer mit dem, zu berechnen, was für die Lösung nötig wäre, kann es sein, dass man gar nicht anfängt...denn: Es wird ja nie genügen. Somit ist dieser Bibeltext eine Geschichte, die auf das Miteinander von Menschen setzt, die miteinander teilen und dabei die Erfahrung machen, dass doch genug für alle da ist. Und so bekommt diese Geschichte für uns jetzt in diesen Tagen und Wochen eine besondere Aktualität. Wo alles zum Stillstand gekommen ist und wir mit einer Situation konfrontiert sind:
Was haben wir für Ressourcen?
Gibt es Nachbarn, denen man helfen kann? Wo vielleicht bei Menschen, die einsam sind, ein telefonischer Kontakt jetzt genau das richtige wäre... Wo vielleicht ein Hund ausgeführt werden kann? Oder schlicht das freundliche/dankende Wort für diejenigen, die alles für uns aufrechterhalten: wie z.B. die Menschen in den Supermärkten, Apotheken, Arztpraxen oder Krankenhäusern. Menschen in Italien lassen sich derzeit einiges einfallen, was sie mit den vorhandenen Möglichkeiten alles tun können: und sei es Musik vom Balkon aus. Ein Kirchenmusiker, der in Flingern lebt, spielte am offenen Fenster auf seinem Flügel „Befiehl Du Deine Wege. Oder seit Dienstag läuten um 19.30 Uhr die Glocken, um uns für einen Moment miteinander zu verbinden.
Welche Ressourcen haben wir? Es lohnt sich, darüber nachzudenken. Und wir werden einiges finden. Höchst individuell, bunt und kreativ.
Die zweite Beobachtung:
In dem biblischen Text wird mehrfach betont, dass die Gegend, in der sich alle aufgehalten haben, öde war. Öde als Ausdruck dafür, dass da nichts war. Als aber deutlich wurde, dass etwas da ist zum Teilen...dass also etwas in Bewegung gekommen war, sagt Jesus, dass sich alle in Tischgemeinschaften zusammen setzen sollten – „auf dem grünen Gras“. Sah vorher alles öde aus, ist da jetzt grünes Gras.
Warum?
Wo Gemeinschaft entsteht, ändert sich auch die Umgebung. Sie ist nicht länger trostlos noch öde – sondern es entstehen Erfahrungen, die dem Leben Farbe und Glanz verleihen. Gemeinschaft entsteht da, wo man – wie in der Geschichte Brot miteinander teilt. Gemeinschaft kann aber auch ganz anders entstehen. Wo wir – wenn auch räumlich voneinander getrennt - miteinander beten, miteinander reden/kommunizieren, einander helfen. Dann, wenn wir das Gefühl bekommen, dass wir mit all dem nicht allein sind. Denn zu wissen: „ICH“ bin nicht allein – ist wichtig und auch lebenserhaltend. Zwei Beobachtungen, die für mich gerade in diesen Zeiten und Tagen sehr tröstend und ermutigend sind: Das Miteinander kann vieles verändern: die Menschlichkeit – Mitmenschlichkeit, die Humanität.
Kommentare