Predigt zum Pfingstfest

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Predigt zum Pfingstfest

Von Peter Andersen.

1 Und als der Pfingsttag gekommen war, waren sie alle beieinander an einem Ort. 2 Und es geschah plötzlich ein Brausen vom Himmel wie von einem gewaltigen Sturm und erfüllte das ganze Haus, in dem sie saßen. 3 Und es erschienen ihnen Zungen, zerteilt und wie von Feuer, und setzten sich auf einen jeden von ihnen, 4 und sie wurden alle erfüllt von dem Heiligen Geist und fingen an zu predigen in andern Sprachen, wie der Geist ihnen zu reden eingab. 5 Es wohnten aber in Jerusalem Juden, die waren gottesfürchtige Männer aus allen Völkern unter dem Himmel. 6 Als nun dieses Brausen geschah, kam die Menge zusammen und wurde verstört, denn ein jeder hörte sie in seiner eigenen Sprache reden. 7 Sie entsetzten sich aber, verwunderten sich und sprachen: Siehe, sind nicht diese alle, die da reden, Galiläer? 8 Wie hören wir sie denn ein jeder in seiner Muttersprache? 9 Parther und Meder und Elamiter und die da wohnen in Mesopotamien, Judäa und Kappadozien, Pontus und der Provinz Asia, 10 Phrygien und Pamphylien, Ägypten und der Gegend von Kyrene in Libyen und Römer, die bei uns wohnen, 11 Juden und Proselyten, Kreter und Araber: Wir hören sie in unsern Sprachen die großen Taten Gottes verkünden. 12 Sie entsetzten sich aber alle und waren ratlos und sprachen einer zu dem andern: Was will das werden? 13 Andere aber hatten ihren Spott und sprachen: Sie sind voll süßen Weins. (Apostelgeschichte 2,1-13)

 

Liebe Lesenden,

Pfingsten ist unter den großen christlichen Feiertagen derjenige, der am schwersten zu greifen ist: Weihnachten hat die Geburt Jesu zum Thema – am Karfreitag denken wir an die Ermordung Jesu – Ostern kann trotz aller geistigen Schwere an Jesu Person festgemacht werden – und selbst Himmelfahrt markiert eine Bewegung Jesu: seine Rückkehr zu Gott. 

Aber Pfingsten? Der Heilige Geist?

 Wie können wir uns DEM nähern? Für uns begreifbarer machen?

 Ein Versuch: auch wenn der Vergleich hinkt – schräg ist – und wirklich nicht despektierlich gemeint sein soll: ist Jesus als Person aus Fleisch und Blut so etwas wie die Hardware – handelt es sich beim Heiligen Geist um die Software Gottes.

 Unsichtbar und doch mit sichtbarer Wirkung.

Wie ein Programm, dass – ohne dass wir es merken – unablässig arbeitet und etwas erstellt.

Der Geist ist die Art und Weise, wie Gott in dieser Welt wirkt. Im Kleinsten wie auch im Größten. Denn der Geist Gottes ist es – folgen wir den biblischen Erzählungen von Anfang an -, der alles geschaffen hat und auch alles zusammenhält. 

Alles – auch unsere Gemeinde – auch einen Gottesdienst. Wo wir doch an diesem Pfingsttag wieder mit den Gottesdiensten in der Matthäikirche beginnen.

Ich habe bisher zwei Gottesdienste unter diesen Corona-Bedingungen erlebt. Der erste, den wir vor drei Wochen hier mit dem Presbyterium gefeiert haben – quasi als Testlauf, um erahnen zu können, wie sich so ein Gottesdienst anfühlt... was alles im Detail zu beachten ist... und ob das überhaupt in dieser Kirche hinhaut. 

Dann vor zwei Wochen in der Johanneskirche bei der Verabschiedung von Thorsten Nolting, dem Diakonie-Pfarrer. 

Einmal war ich in der Funktion Liturg und Prediger – dann als Gottesdienstbesucher. 

Wie ist es möglich, unter solchen Bedingungen überhaupt einen Gottesdienst zu feiern? Wo doch alle Maßnahmen – so vernünftig sie auch sein mögen - all das zu unterlaufen scheinen, wofür ein Gottesdienst steht und was wir doch auch von ihm  erwarten: Miteinander, Nähe, Gemeinschaft – das gemeinsame Handeln wie eben auch das Singen.

In der biblischen Geschichte vom Pfingsttag werden – wie wir eben gehört haben – die Menschen aus den verschiedenen Völkern genannt. Sie alle hatten zwar damals ein gemeinsames Ziel: nämlich zum damaligen Fest jeweils aus ihren Himmelsrichtungen nach Jerusalem zu pilgern. 

Aber effektiv waren sie auch von einander getrennt, weil sie einander nicht verstanden - weil sie die Sprache der jeweils anderen nicht sprachen. 

Doch an jenem Tag - so erzählt es Lukas – , konnten sich die grundverschiedenen Menschen auf einmal verständigen.  

Eine Form der Vernetzung, die darauf verweist, dass ein entscheidender Aspekt dieser Pfingstgeschichte dieser ist: dass der Geist Gottes Barrieren überwinden kann. Eben auch Sprachbarrieren. Und nicht nur das.

Der Heilige Geist kennt keine Barrieren. 

Und das ist im wahrsten Sinne eine frohe Botschaft.

Ich will jetzt an dieser Stelle nichts schön reden: so wie wir derzeit nur Gottesdienst feiern können – vermummt – separiert – im Blick auf das Singen quasi zum Schweigen gezwungen...das ist nicht schön. Nein: das hat auch etwas sehr Bedrückendes. 

Und trotzdem: hängt der Gottesdienst von dem, was möglich ist, ab?

Ist der Gottesdienst nur dann ein Gottesdienst wenn er so ist wie wir meinen wie er sein sollte?

Hindert das Gottes Geist?

Eine spannende Frage.

Das sollten wir ein kurzen Moment schlicht und einfach mal in uns wirken lassen: 

...

Nehmen wir Gottes Geist ernst: dann ist es doch so, dass das, was wir aktuell als Barrieren erleben, für den Geist Gottes kein Hindernis darstellen kann. 

Daher denke ich, dass der Heilige Geist für uns eine große Entlastung bereitstellt: es liegt nicht an unserem Organisieren – es liegt grundsätzlich nicht an Formen, Abläufen, Riten. So wichtig das auch ist, aber der Geist weht im wahrsten Sinne da wo ER will. 

Erst Recht da, wo wir nicht selbst mutwillig versuchen, IHM etwas in den Weg zu stellen, sondern wo wir aus Solidarität und Schutz einander gegenüber Maßnahmen ergreifen, dass sich in unseren Kirchen möglichst niemand infiziert. Da, wo uns die Hände gebunden sind.

Gottes Geist überwindet Barrieren.

Und insofern ist die Pfingstgeschichte eine Trostgeschichte. Sie ist eine Erzählung, die uns gerade auch in der aktuellen Ratlosigkeit und – im Blick auf das gemeindliche Geschehen – in der gefühlten Ohnmacht, die viele erfahren, stärken will: „Ja – es ist jetzt alles anders – es ist schräg – es ist traurig, dass vieles nicht stattfindet...aber Gottes Geist lässt sich davon nicht beeindrucken oder gar abschrecken. ER wirkt! Und daher sind wir nicht allein!“

Das erlebe ich als Trost wie auch als Hoffnung.

Denn bedrückend sind ja nicht nur all die Auflagen, die nicht nur unsere Gottesdienste bestimmen, sondern auch mitanzusehen, wie das gesamte Leben derzeit leidet. 

Pfingsten steht dafür, dass Gott durch SEINEN Geist Barrieren überwindet und so Menschen miteinander „vernetzt“ – mit einander in Beziehung setzt. 

Das hat dann auch eine politische Dimension: gerade in einer Welt, die so dermaßen unter Spannung steht, weil sich Menschen eben nicht verstehen – nicht in Beziehung gesetzt sein wollen.

Da lässt uns die Pfingstbotschaft hoffen. Was vielleicht aus unserer Perspektive für menschenunmöglich erscheinen mag, kann für SEINEN Geist eigentlich dann auch kein Hindernis sein. 

Und vielleicht ist das auch das Entscheidende dieses Pfingsttages: dass wir Gott und SEINEN Geist niemals unterschätzen.

Wir dürfen IHM alles zutrauen – in aller Maßlosigkeit.

Und das ist doch reines Evangelium: Frohe Botschaft.

Amen

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