Herzensangelegenheiten: Jan Philipp Holthoff über sein Engagement fürs Rad

Herzensangelegenheiten: Jan Philipp Holthoff über sein Engagement fürs Rad

Herzensangelegenheiten: Jan Philipp Holthoff über sein Engagement fürs Rad

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Herzensangelegenheiten: Jan Philipp Holthoff über sein Engagement fürs Rad

Erzwungene Ausweichmanöver, im Sekundentakt wechselt der Fuß zwischen Bremse und Gaspedal und der nächste Termin rückt immer näher, obwohl an ein Fortkommen nicht zu denken ist – diese Erfahrung machen viele Berufstätige Tag für Tag, wenn sie sich den Weg durch den Straßenverkehr bahnen. Oft liegen die Nerven blank, und das Stresslevel will einfach nicht sinken. Ebenso leiden Wohlbefinden und Gesundheit der Anwohner und Passanten, wenn die Blechlawine sich allmorgendlich in Bewegung setzt: die Lärm- und Abgasbelastung macht – gerade in den Sommermonaten – das Leben in der Stadt zusehends ungemütlicher, von den Auswirkungen auf das Klima ganz zu schweigen. Während einige Kommunen diesen Entwicklungen schon seit längerer Zeit mit einem Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs und des Radwegenetzes entgegensteuern, hat Düsseldorf, so Jan-Philipp Holthoff vom Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC), noch erheblichen Nachholbedarf. Deswegen engagiert der Mediziner sich neben Beruf und Familie für eine Radwende in der Verkehrspolitik. Im Interview berichtet er über sein Engagement, die Notwendigkeit einer Verkehrswende und den Drahtseilakt, Familie, Beruf und Radpolitik unter einen Hut zu bringen.

 

Wie bist du dazu gekommen, dich im ADFC zu engagieren?

 

Ich bin aus recht fahrradfreundlichen Städten – Lünen und Tübingen – damals nach Düsseldorf umgezogen und war dann überrascht, wie schlecht die Verkehrssituation für Fahrradfahrer hier ist. Ich habe mir damals eine Radkarte für Düsseldorf geholt und festgestellt, dass viele der angegebenen Radwege überhaupt nicht existierten. Über einen Freund bin ich dann zum ADFC gekommen und habe mich dann immer mehr in die Fahrradpolitik eingebracht. 

 

Was ist dir dabei am wichtigsten?

 

Dass es endlich vorangeht. Anfangs dachte ich, ich engagiere mich für mich allein, mittlerweile habe ich aber einen Sohn und hoffe, dass er in einer fahrradfreundlicheren Stadt leben kann.

 

Wie viel Zeit pro Woche nimmt dein Engagement dich in Anspruch? Lässt es sich gut mit anderen Verpflichtungen im Alltag, z. B. Familie und Beruf, vereinbaren?

 

Eigentlich zu viel. Mindestens eine Stunde am Tag bin ich schon mit Mailverkehr und Social-Media-Aktivitäten für den Verein beschäftigt. Es ist natürlich immer ein Drahtseilakt, Job, Familie und Engagement unter einen Hut zu bekommen. Aber es macht mir Spaß. Wenn es keinen Spaß machen würde, wäre es sicherlich schwieriger. Wir haben ein nettes Team, und der ADFC ist sehr familienfreundlich. So kann ich bspw. meinen Sohn zu vielen Aktivitäten mitnehmen. Daneben hilft sicherlich, dass wir eine gute Hausgemeinschaft und einen Freundeskreis haben, der mir und meiner Frau zur Seite steht.

 

Radfahren steht für eine entschleunigte und bewusstere Fortbewegungsart und soll insgesamt Gesundheit und Lebensqualität fördern. Würde sich eine andere Verkehrspolitik positiv auf unser Stressempfinden im Alltag auswirken?

 

Auf jeden Fall. Radfahren macht das Leben einfacher und entspannter. Ich bin wirklich froh, wenn mit dem Rad fahren kann und nicht auf das Auto oder die Bahn angewiesen bin. Das kann man auch in vielen Kommunen sehen, die in ihrer Verkehrspolitik schon ein ganzes Stück weiter sind. Wichtig ist aber, das man sich als Radfahrer im Straßenverkehr sicher fühlt. Es gibt viele Menschen, die gerne mehr mit dem Rad unterwegs wären, sich aber in Düsseldorf oft noch nicht trauen. Ich glaube, wenn es sicherer wäre, würde bei vielen Leuten das Stresslevel ein ganzes Stück sinken.

 

Zugleich ist Radfahren ja eine weitestgehend klimaneutrale Fortbewegungsart, und der ADFC sieht sich auch als Teil der Klimabewegung. Können wir etwas für den Klimaschutz tun, indem wir aufs Rad umsteigen?

 

Ja, jeder Radweg, der das Autofahren ersetzt, ist aktiver und gelebter Klimaschutz. Der ökologische Fußabdruck eines Fahrrads ist im Vergleich zu dem eines Autos winzig klein. Es spart daneben auch Geld und Zeit, denn ein Auto zu kaufen und zu unterhalten ist ziemlich teuer. Wenn die Leute einmal nachrechnen würden, wie viel weniger sie arbeiten müssten, um ein Rad zu kaufen und zu unterhalten, wäre das Autofahren wesentlich unattraktiver.

 

Siehst du dein Engagement für eine Radwende als einen Weg, persönlich etwas zu einer lebenswerte Zukunft auch künftiger Generationen beizutragen?

 

In jedem Fall. Ich wünsche mir wirklich, dass mein Sohn und künftige Generationen eine lebenswerte Zukunft haben werden. Und so kann ich einen Teil dazu beitragen. Zudem sehe ich, dass es auch in Düsseldorf immer mehr Mut gibt, sich für das Rad auszusprechen. Das sieht man mittlerweile in den Kommentaren auf Facebook und in den Leserbriefen an die Rheinische Post. Es sind immer mehr Leute, die sich z. B. eine autofreie Kö wünschen, und wir kennen auch Investoren, die ähnliche Ansichten pflegen. Es bewegt sich was, und das bestärkt mich in meinem Engagement. 


Die Fragen stellte Louis Kittelmann

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