18/12/2024 0 Kommentare
Letzte Rettung Kirchenasyl
Letzte Rettung Kirchenasyl
# Neuigkeiten aus Emmaus
Letzte Rettung Kirchenasyl
Seit etwa 40 Jahren bieten Kirchengemeinden in der Bundesrepublik Deutschland Schutzsuchenden aus anderen Ländern zeitlich befristet einen sicheren Ort. Unsere Gemeinde gewährt Kirchenasyl seit neun Jahren, hat dies aber nie „an die große Glocke gehängt“ – bewusst nicht. Denn wir waren und sind um ein gutes Miteinander mit den zuständigen Behörden bemüht. „Kirchenasyl“ ist der Fachbegriff. In dieser Ausgabe machen wir unser Handeln zum ersten Mal öffentlich.
Warum?
Weil wir sorgenvoll eine angespanntere politische und gesellschaftliche Lage wahrnehmen.
Weil wir aufklären möchten – über das Instrument an sich und den Sinn, den wir darin sehen.
Weil wir um Verständnis und Zustimmung werben möchten für unser Handeln und helfen möchten, etwaige Vorurteile abzubauen.
Wer – was – wie: Häufige Fragen und Antworten zum Kirchenasyl
Was bedeutet Kirchenasyl?
Kirchenasyl ist ein letzter, legitimer Versuch (ultima ratio) einer Gemeinde, Flüchtlingen durch zeitlich befristete Schutzgewährung beizustehen, um auf eine erneute, sorgfältige Überprüfung ihrer Situation hinzuwirken. Eine Kirchenasyl gewährende Gemeinde tritt für Menschen ein, denen durch eine Abschiebung Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit droht, oder für die mit einer Abschiebung nicht hinnehmbare Härten verbunden sind. Zugleich setzt sich die Gemeinde damit für das grundgesetzlich verankerte Recht auf Schutz von Menschenwürde, Freiheit und körperlicher Unversehrtheit der Betroffenen ein.
Wie ist ein Kirchenasyl rechtlich zu bewerten?
Mit der Gewährung von Kirchenasyl tritt eine Gemeinde zwischen die Behörden, welche die Abschiebung auszuführen haben, und die Flüchtlinge. Das Kirchenasyl schafft Zeit für weitere Verhandlungen, für die Ausschöpfung aller Rechtsmittel und für eine sorgfältige Überprüfung des Schutzbegehrens, ein faires Verfahren und die Berücksichtigung aller Aspekte. In vielen Fällen gelingt es, Entscheidungen von Behörden überprüfen zu lassen und ein neues Verfahren oder ein Bleiberecht zu erwirken. Der Beistand durch Kirchenasyl wird immer gewaltfrei gewährt.
Es gibt zwar keinen Rechtsanspruch auf Kirchenasyl, dennoch beansprucht die Gemeinde keinen rechtsfreien Raum. In allen Fällen werden die zuständigen Behörden über den Aufenthalt im Kirchenasyl unterrichtet. Der Staat kann von seinem Zugriffsrecht Gebrauch machen, um die Abschiebung zu vollziehen. Entsprechend ist auch schon seit längerem höchstrichterlich geklärt, dass die Gewährung von Kirchenasyl nicht strafbar ist.
Wann macht ein Kirchenasyl Sinn?
Die meisten Kirchenasyle sind Fälle, in denen die europäische Dublin-Verordnung gilt. Das bedeutet, dass den Menschen im Kirchenasyl eine Abschiebung in das EU-Land droht, in welches sie zuerst eingereist sind, da dieses für ihr Asylverfahren eigentlich zuständig ist. Leider sind die Bedingungen für Geflüchtete in diesen Ländern oft sehr prekär. Obdachlosigkeit, fehlender Zugang zu gesundheitlicher Versorgung und illegale Abschiebungen über EU-Außengrenzen, sogenannte Pushbacks, sind keine Seltenheit, weswegen viele weiter nach Deutschland fliehen. Eine Besonderheit des Dublin-Abkommens ist aber der Umstand, dass die Zuständigkeit für das Asylverfahren auf Deutschland übergeht, wenn Deutschland die betreffende Person nicht innerhalb von sechs Monaten in das eigentlich zuständige Land abschiebt. Mit Hilfe des Kirchenasyls wird hier versucht, diese Frist zu überbrücken.
Wie ist der konkrete Ablauf eines Kirchenasyls?
Seit dem Jahr 2015 gibt es zwischen dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und den Kirchen eine Verabredung, wie bei Dublin-Kirchenasylen vorzugehen ist. Neben der bereits erwähnten Vorgabe, dass ein Kirchenasyl umgehend den Behörden zu melden ist, wurde auch verabredet, dass innerhalb eines Monats ein sogenanntes Dossier einzureichen ist, in welchem die Gemeinde ihre Gründe darlegt. Dieses Dossier ist über einen von der Landeskirche benannten Ansprechpartner beim BAMF einzureichen. In der Vergangenheit wurden diese Dossiers vom BAMF in der Regel abgelehnt. Die betroffenen Personen blieben aber dennoch meistens im Kirchenasyl und die Frist lief dennoch ab. Inzwischen beantwortet das BAMF die Dossiers kaum noch. Auch hier läuft die Frist dann aber ab und Deutschland wird für das Asylverfahren zuständig.
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